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Dunkle Träume unter der Plüschdecke – „Dreamland“ von GLASS ANIMALS

Posted by Nico

Wenn sich die geliebte Indie-Band ins Mainstream Radio verläuft, wird es gefährlich. So erinnert sich kaum mehr jemand daran, wie Coldplay noch als Geheimtipp galten, ehe sie hinter Soundwänden und Beliebigkeit verschwanden. Oder man fragt sich, was aus den so süßen wie authentischen Giant Rooks wird, wenn sie durch die Heavy Rotations der großen Sender getrieben werden. 

Auch „Your Love (Déjà Vu)“ vom neuen Album der GLASS ANIMALS kann man da hören. Und ja, das geht ins Ohr. Die Band aus Oxford hat ein herrliches Sommer-Album vorgelegt, das uns bis in den Winter begleiten darf. Denn es lässt sich so viel entdecken auf „Dreamland“, dem dritten Album des Quartetts um Dave Bayley. Musikalisch lassen sie sich ohnehin schwer greifen, aber wozu auch. Indie-Pop, sicher, aber dann fühlt man sich wie auf einer R’n’B-Platte, bis in „Space Ghost Coast To Coast“ Hip-Hop-Lines brodeln.

Man könnte also fast hinwegträumen. Doch dieses „Dreamland“ ist ein zerbrechliches. Da gibt es die schon erwähnten musikalischen Brüche, aber spätestens, wenn man beim zweiten (oder dritten) Hören von „Domestic Bliss“ über die Zeilen stolpert, die von häuslicher Gewalt handeln,  zieht es einem den Plüschteppich unter den Füßen weg. Auch in den anderen Songs findet man Figuren, die „pefectly unsad“ sind. Nicht traurig, aber eben auch nicht fröhlich, wie die Figuren aus den Romanen der ebenfalls großartigen Sally Rooney. 

Die GLASS ANIMALS kriechen also erst heimlich ins Ohr, um sich erst dann so richtig zu strecken. Das ist dann doch viel mehr als Mainstream. Unter der süßen Oberfläche schlummern die Untraurigen.

// Text: Nico Löwinger //

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